Für eine zivile Forschung und Lehre!

Thomas Leibundgut. Bild: zvg
Bevor eine Waffe abgefeuert werden kann, muss sie erst jemand entwickeln. Oft sind in die Entwicklung neuer Waffentechnologien auch Hochschulen involviert. Zivilklauseln sollen das ändern.
Schweizer Hochschulen forschen daran, Waffen tödlicher und Überwachung umfassender zu gestalten. Dabei finanziert die öffentliche Hand Forschungsprojekte, die militärische Fragestellungen und Ziele verfolgen. Teils geben Rüstungsfirmen oder Armeestellen die Forschungsvorhaben gleich direkt in Auftrag. Betroffen sind neben den Natur- und Ingenieurwissenschaften auch die Sozialwissenschaften.
Auch die Universität Bern ist an Militär- und Rüstungsforschung beteiligt. Das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (Deutschland) finanzierte 2010 ein Forschungsprojekt zur ballistischen Forschung mit über 150 000 Euro. Der europäische Ableger des Air Force Office of Scientific Research (USA) finanzierte 2013 ein Projekt zur verbesserten Katalogisierung von Raumobjekten mit 75 000 US-Dollar. Auch Armasuisse, das Bundesamt für Rüstung der Schweiz, finanziert immer wieder Projekte an der Universität Bern.
Viele dieser Projekte haben sowohl einen zivilen, wie auch einen militärischen Aspekt. So kann ballistische Forschung Schusswaffen tödlicher machen, oder den Treibstoffverbrauch von Trägerraketen für wissenschaftliche Satelliten verringern. Wenn menschengemachte Raumobjekte katalogisiert werden, hilft das sowohl Armeen und Geheimdiensten, feindliche Satelliten zu kartographieren, wie auch der zivilen Raumfahrt und -technik. Heute findet diese Forschung oftmals im Dunkeln statt, so dass kaum Informationen über die Details dieser Projekte öffentlich zugänglich sind. Das ist hochproblematisch, handelt es sich doch um Forschung, die der Universität Bern nur durch die öffentliche Finanzierung erst ermöglicht wird. Transparenz ist jedoch unabdingbar für eine demokratische, kritische und öffentliche Debatte über die Wissenschaft.
Um zu verhindern, dass die Uni Bern von der Rüstungsindustrie missbraucht und die hiesigen WissenschaftlerInnen an Leid, Tod und Zerstörung beteiligt sind, soll die Universität Bern eine Zivilklausel einführen. Damit würde sie festhalten, dass sie jede Beteiligung an Wissenschaft und Forschung mit militärischem Ziel ablehnt. Militärforschung und Kooperationen mit der Armee oder der Rüstungsindustrie wären damit grundsätzlich verboten. Welche Projekte das genau betreffen würde, müsste sich noch zeigen.
Mehrere Hochschulen aus dem deutschsprachigen Raum, unter anderem die Technische Universität Berlin, haben bereits seit langem eine Zivilklausel oder haben eine solche in den letzten Jahren eingeführt. Diese Vorbilder zeigen, dass eine Zivilklausel Realität sein kann, und nicht bloss ein zu verfolgendes Ideal darstellt.
Heute ist der Anteil der Rüstungs- und Militärforschung an der Uni Bern noch verhältnismässig gering. Mit wenigen Projekten und geringen Finanzvolumina handelt es sich um einen Forschungsbereich, auf den die Universität gut verzichten kann, ohne deswegen viele Projekte und Finanzquellen zu verlieren. Im Gegenteil: Eine Befreiung von Rüstungs- und Militärforschung ermöglicht es ihr, mit einer Zivilklausel mehr Potential für zukunftsträchtige, zivile Forschungsbereiche zu haben.
Thomas Leibundgut ist Sekretär der Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) und SUB-Mitglied. Auch nach seinem Rücktritt aus dem SUB Vorstand bleibt er in der Hochschulpolitik aktiv. Er arbeitete an der Stipendieninitiative des VSS mit und die kritische Auseinandersetzung mit der Rüstungsforschung ist eines seiner Spezialgebiete.
Dieser Beitrag erschien in der bärner studizytig #1 Oktober 2015
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