Sommermoment #7
Illustration: Lisa Linder
Ob bewusst oder unbewusst, Corona hat wahrscheinlich uns allen etwas auf die Psyche gedrückt. Unsere Autorin hat sich deshalb die Sorgen von treibenden Rhythmen davontragen lassen.
Ja, ich weiss: Das Coronavirus ist immer noch da und Clubbesuche gehören nicht zum Schlausten, was mensch im Moment unternehmen kann, auch wenn diese statistisch ein wenig rehabilitiert wurden. Und doch, nach einer gefühlten Ewigkeit ohne wummernde Bässe in stickigen Räumen mit hunderten anderen schwitzenden Menschen juckt es mich einfach in den Fingern – beziehungsweise in den Beinen. Also ab an den Computer und die anstehenden Veranstaltungen in der Umgebung durchforstet. Nach einer kurzen Suche werde ich fündig: Am Freitag spielt eine tolle Band im «Mokka» in Thun.
Als es endlich soweit ist, wird mir doch etwas mulmig zumute: Ob es wohl eine Personenbegrenzung gibt, damit der Club nicht allzu voll wird? Damit liesse sich zumindest ein gewisser Grad an Abstand einhalten. Und werden tatsächlich alle Leute ihre Kontaktdaten angeben? Als wir beim «Mokka» ankommen, hat sich bereits eine lange Schlange vor dem Eingang gebildet. «So viel zur Personenbegrenzung», denke ich mir.
Wir stellen uns hinten an und bald schon sind wir bei der Eingangskontrolle, schreiben unsere Namen, E-Mail-Adressen, Telefonnummern und die Ankunftszeit auf. Zum Abschluss des Prozederes braucht es noch einen Testanruf zur Überprüfung der Richtigkeit unserer Angaben, dann dürfen wir in den «Mokka»-Garten. Das läuft soweit reibungsloser als gedacht! Gleich als erstes bestellen wir uns ein Bier an der Bar – schon das löst bei mir etwas Feierlaune aus, so lange scheint das letzte Mal her.
Im Club selbst ist noch niemand, was mich darauf hoffen lässt, dass sich vielleicht noch nicht allzu viele Menschen an ein Konzert wagen. Nach und nach füllt sich der Raum jedoch, bis wir gedrängt vor der Bühne stehen. Ich versuche krampfhaft, irgendwie etwas Abstand zu halten und fühle mich gelinde gesagt unwohl. Schon interessant, wie schnell sich neue Verhaltensweisen einprägen. »Entweder ich lasse es einfach sein und geniesse den Abend, oder ich gehe JETZT nach Hause», murmle ich mir schliesslich zu. Ich entscheide mich fürs Bleiben und versuche zu entspannen.
Dann kommt endlich die elfköpfige Band auf die Bühne und erste Akkorde erklingen – sofort fühle ich mich besser. Die ausgelassene Stimmung im Raum überträgt sich auf mich, die Rhythmen schwingen durch den Raum, ergreifen meine Arme und Beine und strömen durch meinen Körper. Ich kann gar nicht anders, als zu tanzen. Mit jeder Bewegung denke ich weniger nach, fällt eine Sorge mehr weg, bis ich mich völlig in der Musik verloren habe. Der Schweiss läuft mir den Rücken hinunter, die Luft ist stickig, aber ich fühle mich unglaublich gut.