Julius (19) vom Bärner Golfclub fragt: Liebe Expertin, bist du Kapitalist?​

Lieber Julius Nein, du kleiner Dagobert Duck! Wenn schon wäre ich Kapitalist*in. Verschone mich mit deinem neoliberalen Gelaber von Effizienzsteigerung und Gewinnmaximierung. Natürlich hat die unsichtbare Hand des Kapitalismus auch mich fest im Griff. Morgens der kritische Blick in den Spiegel und der kritische (Selbst-)Vergleich ist nicht weit: Auf meinem Display lächeln mir die Insta-Kapitalist*innen und Digital Nomads entgegen. Sie versprechen mir, ich sei nur noch ein Kilo und 10 Klimmzüge von Rooftop-Cocktail-Parties sowie schillernden Balenciaga-Handtuchröcken entfernt. Die Waage und der Blick auf mein E-Banking sagen etwas anderes… Nachtwächter*in bin ich von Tacktvoll und keinem Staat. Ich danke jeden Tag Adam Smith – Vater des Kapitalismus und mein Idol (niiicht) – der uns die liberale Marktwirtschaft beschert hat und den Wohlstand, in dem ich lebe. Dass die andere Hälfte nicht auf der Sonnenseite geboren wurde und nicht von der effizienten Güter-Allokation profitiert, kümmert mich nicht. Effizienz hat halt nichts mit Gerechtigkeit zu tun, darauf wurde ich freundlich hingewiesen. Die Trading-Tips von irgendwelchen Bitcoin-Maximilians aus irgendwelchen Kryptowährungspodcasts können mir den Buckel runter rutschen. Produktivitätssteigerung und Selbstoptimierung ist mir zu anstrengend, da chill’ ich lieber noch ne Runde in meiner fair-trade Hängematte und mache Burnoutprävention und lass mein kleines aber feines Kapital für mich auf dem Konto arbeiten (ohne Zinsen meiner alternativen Bank wohlgemerkt). Besonders jetzt in der ach so antikapitalistischen Weihnachtszeit, in der es ja nur um Nächstenliebe geht (hust hust) fällt es mir nicht immer leicht, dem Konsum zu widerstehen. Du siehst, ein bisschen Kapitalist*in bin ich dann schon… Und somit freue ich mich auf die Osterhasen im Januar und wünsche dir eine genössische Weihnachtszeit.

Dein*e Expert*in – noé & mzs

Auf der Suche nach einer neuen Playlist, um den Kapitalismus wegzutanzen? Dann scanne den unterstehenden Spotify-Code:”

Auch wenn es die Dozierenden seit Semesterbeginn kollektiv und repetitiv abstreiten – es gibt sie, die dummen Fragen! Unser Expert*innenteam nimmt sich ihrer an; eloquent, sachkundig und auch durchaus verständnisvoll. Sende deine Frage bis zum 23. Februar an frage@studizytig.ch​