Editorial #14

Illustration Editorial

Illustration: Tobias Bolliger, www.tobiasbolliger.ch

20. Dezember 2018

Von und

Liebe Freund*innen, noch einmal menstruieren und dann ist Weihnachten

Nähe, Nächstenliebe, Freundschaft, Nachsicht, Liebe und Vergebung hausieren derzeit in allen Ecken des Landes. Es ist die Zeit der verordneten Besinnlichkeit und die Welt hält sich daran: Im Angesicht der knisternden Autofeuer in den Pariser Strassen schmiegt sich Ostermundigen an die starke Berner Schulter, Alec von Graffenried stellt sich stundenlang neben die Bläser*innen der Heilsarmee und verteilt Decken an frierende Kulturschaffende, Erich Hess zieht mit seinem Elektroroller von Tür zu Tür, um Spenden für mittelständische Unternehmen zu sammeln, die wegen der horrenden Gewinnsteuer die betriebsinterne Weihnachtsfeier vom Schweizerhof ins Ibis Budget ver­legen müssen. Und wie Recherchen dieser Zeitung nicht zeigen, erweiterte der Bundesrat das Rahmenabkommen um eine «Kaminfeuer-Klausel», deren Inhalt bisher zwar offiziell erst dem Christkind bekannt ist, von der sich gut unterrichtete Quellen jedoch nichts weniger als eine «heisse Liebesrevolution im Verhältnis EU-Schweiz» versprechen.

Bei so viel Kitsch kommt die 14. Ausgabe der bärner studizytig gerade richtig, denn bei uns findet sich keine Spur vorweihnachtlicher Weltverklärung. Stattdessen schauen wir dorthin, wo die Nächstenliebe ein Schattendasein fristet. Beispielsweise nach Bern und Neuenburg, wo den Fahrenden auch in der kalten Jahreszeit wenig Wärme entgegengebracht wird. Wintergrau entpuppt sich auch der Kontakt mit den Sozialhilfebehörden der Stadt, wie unser umfangreicher Erfahrungsbericht zeigt. Ein Bericht von der Langen Nacht der Bildung beschreibt, wie die Studierenden gegen die zunehmende Ökonomisierung der Bildung aufbegehren und im Interview mit Manuela Pfrunder geht es um das, was Weihnachten und die Welt im Innersten zusammenhält – Dinero.

Lehnt euch also zurück und befeuchtet die trockene Kehle mit warmem Eierlikör, die studizytig fährt ein: zwar weder mit Schlitten noch Geschenken, dafür rotnasig und mit einem grossen Sack voller Geschichten. Wir wünschen viel Spass bei der Lektüre.

Eure Redaktion
redaktion@studizytig.ch

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