Veränderungen gefällig? Ab an die Urne!
Text: Jannick Teixeira und Laura Minnetian
Illustration: Lucy Kopp
Bilder: Jannick Teixeira
Alle zwei Jahre heisst es an der Uni Bern wieder: Geht wählen, jede Stimme zählt! März 2025 ist es wieder so weit. Um zu verhindern, dass die Wahlbeteiligung wie im Jahr 2023 marginale 13 % beträgt, stellen wir euch in diesem Artikel die 5 Parteien und die Fachschaftsfraktion vor. Ihr wisst noch nicht, wen ihr wählen sollt? Kein Problem! Hier erfahrt ihr, welche Ziele und Projekte die Kandidierenden verfolgen – und findet heraus, wer am besten zu euch passt.
Bevor es mit den einzelnen Vertretungen losgeht, hier noch einige Basics zum Studierendenrat (SR). Als Parlament der SUB ist der SR die sogenannte Legislative, zu Deutsch die rechtsetzende Instanz. Das heisst, der SR trifft politische Grundsatzentscheidungen, insbesondere im Bereich der Statuten, Reglemente und Finanzen. Zum Aufgabenbereich des Rates gehören unter anderem die Wahl und Beaufsichtigung des SUB-Vorstandes (Exekutive) und der SUB-Delegierten in den universitären Kommissionen, in denen die delegierten Studierenden bei wichtigen universitären Themen mitdiskutieren und mitentschieden können. Im SR werden studi-relevante Themen diskutiert und bearbeitet, wie beispielsweise die Anzahl Steckdosen in Vorlesungsräumen, die Preise in der Mensa oder allfällige Studiengebühren-Erhöhungen. Insgesamt sind 40 Rats-Sitze zu vergeben, die wir als Student*innen der Universität Bern wählen und besetzen können. SR-Sitzungen finden mehrmals im Semester statt und sind öffentlich, Interessierte können sich also jederzeit dazusetzen.
Für diesen Artikel haben wir nicht mit allen 40 Ratsmitgliedern gesprochen, sondern mit den Vertreter*innen der 6 Fraktionen. Über die einzelnen Kandidierenden kann man sich im Frühlingssemester ein Bild machen, wenn diese auf der SUB-Webseite aufgeschaltet werden.
Junge Mitte Uni Bern (JMUB; 3 Sitze)
«Um sich mit ihren Anliegen im Studierendenrat einzubringen, setzt die JMUB auf eine konstruktive Diskussion, um einen Dialog zwischen den Studierenden, den Fakultäten und der Universitätsleitung zu fördern, um dadurch einen tragfähigen Kompromiss für alle zu finden.»
Das sagt die Junge Mitte über sich: «Cheyenne Friedrich gelangte durch ihre Arbeit innerhalb der Fachschaft Mathematik und Informatik zum Studierendenrat, in dem sie bereits 4 Jahre Mitglied ist, und schliesslich zur Jungen Mitte. Durch das langjährige Engagement konnte sie einen tiefen Einblick in die Arbeitsweisen der Universität erhalten und Herausforderungen feststellen, die sie jetzt angehen möchte. Svenja Wullschleger engagierte sich erst in der Jungen Mitte und seit September 2024 auch im Studierendenrat. Mit ihrer kaufmännischen Ausbildung in der Bundesverwaltung kam sie bereits dort mit der Politik in Kontakt und entwickelte ein Interesse, das sie nun vertiefen will.
Wir beide engagieren uns gerne für eine Arbeit, die wir als sinnvoll erachten. Uns ist es ein Anliegen, uns für die Interessen der Studierenden einzusetzen, zumal auch wir beide direkt betroffen sind und die Stimmen der Studierenden gehört werden sollen.»
Dafür setzt sich die Junge Mitte Uni Bern ein:
Wenn man fragt, welche Themen der Jungen Mitte besonders am Herzen liegen, sind dies einerseits die mentale Gesundheit der Studierenden, das Vorantreiben der Digitalisierung und die Chancengleichheit. Konkret bedeutet dies, dass sie die Zugänglichkeit der Universität für Personen unterschiedlichen Hintergrunds verbessern wollen. Ebenfalls möchten sie, dass die Universität den Studierenden gute Lern- und Studienbedingungen bietet. Um sich mit ihren Anliegen im Studierendenrat einzubringen, ist es Svenja und Cheyenne ein Anliegen, eine konstruktive Diskussion zu führen, um einen Dialog zwischen den Studierenden, den Fakultäten und der Universitätsleitung zu fördern und dadurch einen tragfähigen Kompromiss für alle zu finden. Ebenfalls sind sie der Meinung, dass sie das kritische Betrachten der Themen aus verschiedenen Bilckwinkeln der Lösungsfindung einen Schritt näher bringt. Konkrete Änderungen, die ihnen vorschweben, sind zum einen der Ausbau von universitären Zusatzangeboten (Podcasts, Livestreams, kostenlose Hilfs- und Freizeitangebote), um insbesondere Studierende zu unterstützen, die aus gesundheitlichen, beruflichen oder finanziellen Gründen die Vorlesungen nicht besuchen können. Um eine optimale Lernumgebung zu ermöglichen, soll zum anderen auch die Infrastruktur in Bibliotheken und Mensen verbessert werden; unter anderem bedeutet dies, genügende Steckdosen und Mikrowellen zur Verfügung zu haben.
Warum sollte man euch wählen?
«Wählt uns für sinnvolle und pragmatische Lösungen an der Uni Bern, die allen zugutekommen!»
Jungfreisinnige Uni Bern (JF; 5 Sitze)
«Ich freue mich, noch ein letztes Mal alles geben zu können, um liberale Werte in der SUB zu vertreten!»
Joel Reichenbach repräsentiert hier die Fraktion Jungfreisinnige Uni Bern und kam schon von klein auf mit Politik in Berührung. Dass er nun bereits seit über 3 Jahren im Studierendenrat aktiv ist, verdankt er einem Kollegen, der ihn darauf aufmerksam gemacht hat. Bald wird sein Studium zu Ende sein und Joel freut sich, in einem Endspurt nochmal alles für die Vertretung liberaler Werte in der SUB zu geben. Auch die anderen Fraktionsmitglieder begeistern sich für die politische Arbeit und wollen sich, statt ”zu motzen”, lieber für ihre politischen Überzeugungen einsetzen.
Dafür setzen sich die Jungfreisinnigen Uni Bern ein:
Die Fraktion Jungfreisinnige Uni Bern hat konkrete Vorstellungen davon, in was sie ihre Energie investieren will. Ein sehr wichtiger Ansatzpunkt für sie ist die Stärkung des Unisports. Dafür haben sie unter anderem eine Motion lanciert, welche einen Ausbau der Fitnessangebote fordert. Des Weiteren setzen sie sich für eine bessere Vereinbarung von Studium, Beruf und Privatleben ein, indem sie sich für uneingeschränkte Podcasts stark machen. Ein weiterer Punkt im Programm ist der Einsatz für tiefere Studiengebühren und gegen unnötige Ausgaben. Dabei hinterfragen sie auch «den Sinn von Förderungsanträgen von externen Organisationen». Auch gegen die Erhöhung der Studiengebühren setzen sie sich vehement ein. Last but not least: Die Fraktion verfolgt die Maxime «Für Freiheit statt Zwang» und stellt sich konsequent gegen Quoten und Verbote, wie zum Beispiel ein Fleischverbot in der Mensa oder Quoten in den Wahllisten.
Warum sollte man euch wählen?
Die Jungfreisinnigen sagen, dass sie grundsätzlich alle Studierenden vertreten. Insbesondere diejenigen, die wie sie ein volles Semester mit einem Nebenjob bestreiten und nach einem strengen Uni-Tag im Sport den Kopf lüften wollen. Joel Reichenbach moniert, dass manchmal ein bisschen Vernunft im Studierendenrat fehle: «Es wird gerne Geld verschenkt, die Sitzungen im Studierendenrat sind nicht effizient und die Schwerpunkte werden teils auf fragwürdige Themen gelegt.» Die Jungfreisinnigen wollen deswegen in diesen Belangen Verbesserungen erzielen.
Junge Grünliberale Uni Bern (JGLP; 5 Sitze)
«Dass die SUB solide aufgestellt ist, eine faire Arbeitgeberin sein kann und für die Studierenden da ist, braucht es auch Engagement im Hintergrund, das oft nicht politisch ist und in der Flut der Parolen untergeht.»
Sandro Guggisberg und Ruben Garbade vertreten die Fraktion der Jungen Grünliberalen (JGLP) im Studierendenrat. Für Sandro war das Scheitern der Konzernverantwortungsinitiative (2020) der Auslöser, sich politisch zu engagieren – zunächst durch einen Beitritt bei der GLP und später durch das aktive Mitmischen in der Uni-Politik. Bei Ruben hingegen machte sich das Politikinteresse bereits im Gymnasium bemerkbar: «Ich wollte mich politisch engagieren, etwas bewegen. Politik war schon immer ein Thema am ‘Küchentisch’ zuhause und auch in der Schule». Heute ist er Vorstandsmitglied der JGLP-Graubünden und seit Mitte 2020 im Studierendenrat, den er seit diesem Jahr als Ratspräsident leitet.
Dafür setzen sich die Jungen Grünliberalen Uni Bern ein:
Ruben und Sandro zeigen auf, wofür sich die JGLP einsetzt. Einerseits steht sie für soziale Themen ein, konkret bedeutet dies zum Beispiel für genderneutrale Toiletten und bezahlbaren Wohnraum für Studierende. Dabei fordern sie zur Bekämpfung der Wohnungsknappheit zusätzliche Mittel für die SUB, um die Schaffung von studentischem Wohnraum voranzutreiben. Andererseits bemüht sich die JGLP auch in grünen Anliegen, um eine nachhaltigere Universität zu schaffen. Um dies zu erreichen, fordern sie eine zumindest teilweise Verwendung von Strom aus selbst produzierter Solarenergie von den Uni-Dächern – natürlich im Rahmen des Denkmalschutzes. Zudem steht die JGLP nach Sandro und Ruben dafür, den Zugverkehr als klimafreundliche Option für Austauschstudierende zu fördern. Wie der Name es bereits vorwegnimmt, setzen sie sich auch für liberale Themen ein. Hierzu gehören gemäss der JGLP die Bezahlbarkeit von Semestergebühren und eine sinnvolle und effiziente Verwendung des SUB-Budgets, das massgeblich von den Studierenden getragen wird. Um dies zu erreichen, ist die JGLP der Meinung, müsse die SUB eine nachhaltige Finanzpolitik führen, um Projekte wie das 100-Jahre-SUB-Jubiläum oder das Wohnprojekt zu finanzieren und langfristig gesund zu bleiben. Damit die SUB funktioniere, brauche sie auch im Hintergrund viel Engagement und Fleissarbeit, auch dafür stehe ihre Partei. Dabei gehen sie «immer mit einem pragmatischen Vorgehen fernab von polarisierenden und populistischen Positionen» vor.
Warum sollte man euch wählen?
«Weil wir uns konstruktiv für die Anliegen aller Studierenden sowie für die Institution SUB als solche einsetzen und diese voranbringen wollen!» Sie schätzen die Zusammenarbeit innerhalb und ausserhalb des Rats und «gerade das Ausarbeiten von Kompromissen und mehrheitsfähigen Lösungen, das klassische Brückenbauen, das allen Studierenden zugutekomm, liegt uns am Herzen».
Fachschaftsvertretung (FV; 6 Sitze)
Willst du die Fachschaften mit deiner Stimme unterstützen?
Inmitten der verschiedenen Fraktionen im Studierendenrat kommt der Fachschaftsvertretung (FV) ein «Sonderstatus» zu, da sie nicht parteipolitisch agiert. Das zeige sich laut der FV bei den Abstimmungen im Studierendenrat, wo sie sich für die Interessen der Fachschaften einsetzt. Bei Abstimmungen, welche die Fachschaften nicht direkt betreffen, dürften die Mitglieder frei abstimmen, wobei sie sich jedoch in der Regel enthielten. Die Fraktion besteht aus verschiedenen Fachschaftsvorstandsmitgliedern, dabei sehen sie sich als direktes Bindeglied zwischen der SUB und den Fachschaftsvorständen.
Dafür setzt sich die Fachschaftsvertretung ein:
Die FV möchte gerne ein Ort sein «für den Austausch über Herausforderungen, welche mehrere Fachschaften betreffen». Dabei strebt sie die Einbindung, Vernetzung und Unterstützung so vieler Fachschaften wie möglich an. Das Ziel ist es, den «Fachschaften eine starke Stimme im Studierendenrat zu verleihen und sie enger mit der SUB zu verbinden». Denn die FV sagt auch: «Was wir machen, ist nun mal Lobbyismus». Als Interessensvertretung der Fachschaften im Studierendenrat und in den Kommissionen habe die FV die letzten zwei Jahren durch eine hohe Aktivität und Präsenz geprägt.
Warum sollte man euch wählen?
Die FV betont, dass die Parteilosigkeit für sie viele Vorteile biete. Sie erklärt: «Wenn du keine Partei wählen willst oder dich keiner Partei zugehörig fühlst, dann sind wir genau das Richtige für dich. Denn unser Fokus liegt klar bei den Interessen der Studierenden und Fachschaften, Parteipolitik hat dabei keinen Platz». Dadurch werde ein Fokus auf die Förderung der Fachschaften und die Vertretung der Studierendenanliegen gelegt.
Junge Grüne Uni Bern (JG; 10 Sitze)
«Es ist wissenschaftlich fundiert, dass eine Gemeinschaft kreativer und besser funktioniert, wenn es keine Diskriminierung gibt und alle Personen inkludiert werden.»
Bereits vor ihrem Beitritt bei den Jungen Grünen (JG) spielte Politik eine Rolle in Charis Fuhrmanns Leben – zunächst nur durch das Konsumieren von Nachrichten. Die dadurch ausgelöste Frustration über die unveränderten Missständen in der Weltpolitik und an der Universität motivierte Charis, selbst aktiv zu werden: «So habe ich den Frust in Energie umgewandelt und bin über Umwege schliesslich in den Studierendenrat gekommen». Diese Energie setzt Charis für Themen wie LGBTQIA+, Anti-Diskriminierung und für eine barrierefreie Universität ein. So hofft sie, «einen kleinen Beitrag zu leisten, dass unsere Universität noch inklusiver und klimafreundlicher wird».
Dafür setzten sich die Jungen Grüne Uni Bern ein:
Zu den Anliegen der JG gehört der Umweltschutz, dazugehörig auch die Klimaneutralität der Universität Bern. Ebenfalls setzen sie sich für eine inklusivere Universität ein, dabei insbesondere gegen die Diskriminierung von Minoritätsgruppen. Wie Charis uns mitteilte, zeigt die SUB-Umfrage von 2020 deutlich, dass Diskriminierung an der Universität Bern weiterhin besteht. Dabei ist der am häufigsten genannte Grund für Diskriminierung das Geschlecht, aber auch Menschen mit Migrationskontext sind davon betroffen. Um dagegen vorzugehen, setzten die JG – nach Charis – auf Sensibilisierung in Themenbereichen wie der Non-Binarität, um diskriminierende Strukturen sichtbar zu machen und diese zu bekämpfen. Charis zeigt dies anhand eines konkreten Beispiels auf: Die Zuordnung der Uni-Mail-Adresse zum Ausweis führt dazu, dass Trans* Personen immer wieder mit ihrem «Deadnamen» angesprochen werden, dies führt zu einem sich ständig wiederholenden Outing und häufigem Misgenderen. Laut Charis engagiert sich die JG ebenfalls für weitere Personengruppen, wie Studierende mit Kindern, einer physischen Behinderung oder jene, die einen Nachteilsausgleich benötigen. Ein Lösungsvorschlag ist die barrierefreie Gestaltung der Universität – beispielsweise durch Gebäudepläne in Brailleschrift.
Warum sollte man euch wählen?
«Es ist wissenschaftlich fundiert, dass eine Gemeinschaft kreativer und besser funktioniert, wenn es keine Diskriminierung gibt und alle Personen inkludiert werden.» Deshalb ist es nach Charis wichtig, das eigene Ego zurückzustellen und sich mit den eigenen Vorurteilen und Stereotypen auseinanderzusetzen – zum Wohl der ganzen Gemeinschaft. Die Jungen Grünen wollen ihren eigenen Beitrag leisten – denn «die anderen haben es auch nicht gemacht, ist ein schlechtes Argument. Deshalb freuen wir uns sehr über eure Stimme, wenn ihr auch für eine klimafreundlichere, klimaneutrale und für eine Universität seid, in der sich alle wohlfühlen können und es keine Diskriminierung gibt.»
Sozialdemokratisches Forum (SF; 11 Sitze)
«Bildung für alle statt für wenige.»
Bevor Julia Wess und Tim Röthlisberger für das Sozialdemokratische Forum (SF) in den Studierendenrat eintraten, waren sie jahrelang im SUB-Vorstand und haben dort Hochschulpolitik-Luft geschnuppert. Dies hat die beiden auch motiviert, in der Legislative der SUB aktiv zu werden. Dort wollen sie von ihren Erfahrungen Gebrauch machen, die sie im Vorstand gesammelt haben.
Dafür setzt sich das Sozialdemokratische Forum ein:
Das SF will diverse Ziele erreichen. Allem voran möchte es sich für «eine nachhaltige und soziale Hochschule und Hochschulpolitik» einsetzen. Das SF macht Politik für eine «Uni, an der jede*r studieren kann, unabhängig vom finanziellen, sozialen und kulturellen Hintergrund oder psychischen und körperlichen Umständen». Um dieses übergeordnete Ziel zu erreichen, fordert das SF die Abschaffung der Studiengebühren, bessere Stipendien, mit der Arbeit vereinbare Studienpläne und ein barrierefreies, chancengerechtes Studium für alle. Im Gespräch mit dem SF wurde auch klar, dass ihnen weitere hochschulpolitische Themen am Herzen liegen. Darunter fallen die Gleichstellung aller Geschlechter auf allen Stufen, ein erweitertes Dienstleistungsangebot für die Studierenden und die Förderung der Mobilität.
Warum sollte man euch wählen?
Nach der langen Tätigkeit im SUB-Vorstand wollen sich Julia und Tim mit ihren Kenntnissen der Strukturen und Prozesse an der Uni Bern und ihrem darin aufgebauten Netzwerk nun im Studierendenrat für die Studierenden einsetzen. Sie unterstreichen, dass sie aufgrund ihrer Erfahrungen wüssten, wo und wann man Forderungen am besten einbringe, um Veränderungen und Verbesserungen zu erzielen.
Anmerkung: Der Name vom SF wird sich noch ändern bis zu den Wahlen. Stay tuned!