Bern auf Rollen

02. September 2024

Von und

Es ist 19:30 Uhr an einem Montagabend im August. Eine bunt gemischte Gruppe versammelt sich auf dem Waisenhausplatz. Ihre Gemeinsamkeit: Die Begeisterung fürs Inline-Skaten. Das Ritual nennt sich Inline-Night und findet in den Sommermonaten bei schönem Wetter alle zwei Wochen statt.

In Begleitung von Organisator*innen und Polizei begeben sich die Teilnehmenden auf eine Rundfahrt durch die Quartiere Berns. Auf eigens für die Inliner*innen kurzzeitig abgesperrten Strassen, mit abwechselnder Routenführung, geht es auf den Rollerblades mitten durch die Bundesstadt.

Heute führt die Strecke zunächst neben plaudernden Restaurantbesuchenden am Bundesplatz in Richtung Hirschengraben. Dort wartet als erste Hürde die Abfahrt entlang der Monbijou-Strasse. Es geht hier steil bergab und lässt die Herzen und das Adrenalin der Inline-Begeisterten höherschlagen. Der Duft von verbranntem Hartgummi schleicht die Nase hoch. Es wird fleissig gebremst… Doch sie auch an, unter den Cracks gibt es auch diejenigen, die keinen Bremsklotz haben. Das heisst einfach Augen zu und «ds Loch ab»? Das nicht gerade, aber das Bremsverfahren inklusive halber Drehung will definitiv geübt sein.

Unten angekommen, machen sich jedoch die ersten kleinen Blessuren bemerkbar – eine aufgeschürfte Platzwunde hier, ein abgebrochenes Rädchen dort. Für diese Situation sind die Organisator*innen jedoch bestens gerüstet. In ihrem Begleit-Auto haben sie ausreichend Desinfektionsmittel, Pflaster und Reparatur-Werkzeug immer mit dabei. Um die Wunde zuzunähen, wird ein Teilnehmer in den Notfall geschickt. Die Reise ist auch für eine der Autorinnen vorbei – die Abfahrt steckt ihr noch in den Knochen und für eine Weiterfahrt fehlt der Mut und die Übung. Die Organisatoren verabschieden alle Beteiligten mit einem Kommentar, man sehe sich (hoffentlich) in zwei Wochen wieder. Bis dahin wird aber noch mindestens einmal trainiert.
Die Übrigen, welche die erste Herausforderung erfolgreich gemeistert haben, fahren weiter Richtung Stadtrand. Selbst wenn die Berner Strassen an diesem Montagabend nicht überfüllt sind, auf ruhigen Quartierstrassen lässt es sich etwas entspannter sliden. Mit einer kurzen Verschnaufpause versammeln sich in der Mitte des Abends alle Beteiligten wieder und geniessen gemeinsam die letzten Sonnenstrahlen. Erst jetzt wird klar, wer sich richtig vorbereitet hat, denn im Dunkeln beginnen bei der einen oder dem andern die Rollen an den Schuhen zu leuchten, blinken – das Partylicht der Outdoor-Heinis. Der Höhepunkt ist definitiv die Durchquerung eines Autotunnels mit Echo inklusive.

Währenddessen verschlägt es die andere Autorin nach der frühen Trennung von der Gruppe zurück zum Waisenhausplatz. Dort beobachtet sie eine weitere Veranstaltung auf dem Sockel: die Tango-Practica von Ludico Tango. Eingeladen sind Tangueros und Tangueras aller Tanzfähigkeits-Levels. Begleitet werden sie von wunderschönen Tango-Klängen, die dem gesamten Waisenhausplatz eine ausgelassene Atmosphäre verleihen.

Daran erfreuen können sich zum Schluss ab halb 10 auch die eintreffenden Inline-Fans. Nach 15 km mit den Inline-Pros der Stadt Bern mitzuhalten ist der Magen leer und die Wadenmuskeln übersäuert – das obligate Falafel mit den lockeren Klängen im Hintergrund verspricht aber schnelle Genesung. Denn in zwei Wochen heisst es wieder: Ab zur Inline-Night.

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