Studieren nach der Flucht
Positionspapier Hochschulzugang für studentische Geflüchtete VSS. Bild: Christian Baltzer & Silvan Zurbriggen, opak.cc
Studierende, die aus ihrem Heimatland flüchten mussten, sollen in der Schweiz ihre Hochschulbildung weiterführen können. In einem Positionspapier präsentiert der Verband der Schweizer Studierendenschaften (VSS) Vorschläge, wie dieses Anliegen erreicht werden kann. Auch die SUB engagiert sich für studentische Geflüchtete, so zum Beispiel mit dem Projekt «Offener Hörsaal».
Rund ein Drittel aller erwachsenen Asylsuchenden haben vor ihrer Flucht ein Gymnasium oder eine Hochschule besucht. So lautet das Fazit einer Studie aus dem Jahre 2016 des deutschen Amtes für Migration und Flüchtlinge. Obwohl für die Schweiz keine Zahlen vorliegen, ist anzunehmen, dass sich auch in unserem Land viele studentische Geflüchtete aufhalten. Um ihnen den Zugang zu einer Hochschule zu ermöglichen, hat der VSS ein Positionspapier mit acht Forderungen verabschiedet. Laut Projektleiterin Martina von Arx müssten die Sozialdienste so früh wie möglich die Vorbildung der Geflüchteten abklären und sie über ihre Möglichkeiten im Schweizer Bildungssystem informieren. «Ist das Integrationssystem nicht darauf ausgerichtet, Geflüchtete mit Studienhintergrund zu unterstützen, vergeben wir die Chance, die benötigten Fachkräfte im Inland auszubil- den», gibt von Arx zu bedenken. Nach dem Motto «Bildung vor Arbeit» schätzt sie den Hochschulzugang als nachhaltige Integrationsmöglichkeit ein.
Vorlesung ja – Punkte nein
Unterstützung erhält der VSS von der Rektorenkonferenz der Schweizer Hochschulen: «Swissuniversities begrüsst die Initiative des VSS. Die Schweizer Hochschulen nehmen ihre gesellschaftliche Verantwortung wahr und bieten verschiedene Massnahmen für studieninteressierte Flüchtlinge an», erklärt Präsident Michael Hengartner. Ein Beispiel für eine solche Massnahme ist das Projekt «Offener Hörsaal» der SUB. Im Herbstsemester 2016 lanciert, ermöglichte es 20 geflüchteten Personen Zugang zu Vorlesungen und Seminaren. Für das Frühlingssemester 2017 konnte die SUB die Kapazität auf 30 Teilnehmende ausbauen. Freiwillige Studierende unterstützen die Geflüchteten bei der Organisation ihres Gaststudiums. Prüfungen ablegen dürfen sie aber nicht: «Die SUB ist enttäuscht, dass die Uni es den Geflüchteten aktuell nicht ermöglicht, Kreditpunkte erwerben zu können», betont Simone Herpich, Vorstandsmitglied der SUB.
Knackpunkt Finanzen
Genau an diesem Punkt macht Martina von Arx ein grosses Problem aus: «Leute aus nicht EU-/EFTA-Drittstaaten müssen die Maturäquivalenzprüfung ECUS bestehen, um an einer Schweizer Hochschule zugelassen zu werden. Ein Jahr Vorbereitung auf diese Prüfung kostet 20’000 Franken. Ökonomische Kriterien entscheiden also über den Zugang zu Hochschulbildung. Das darf nicht sein!» Entsprechend wenig Geflüchtete nahmen an der Uni Bern ein reguläres Studium auf. Laut der Abteilung Zulassung, Immatrikulation und Beratung seien von über 4’000 Bewerbungen für das Herbstsemester 2016 ein halbes Dutzend Dossiers von Geflüchteten eingegangen. Die Hälfte davon seien zugelassen worden.
Aufforderung zum Handeln
Projekte wie jenes der SUB gibt es auch an anderen Unis, etwa in Basel, Genf und Zürich. Der VSS begrüsst diese Bestrebungen, möchte aber mit seinem Positionspapier noch mehr erreichen. Bund, Kantone, Sozialdienste und Hochschulen fordert er zum Handeln auf. Aber auch Studierende, Fachpersonen aus dem Integrations- und Berufsberatungsbereich und die Zivilgesellschaft sollen studentischen Geflüchteten helfen. Das Positionspapier lässt sich auf der Homepage des VSS herunterladen.
Es werden immer wieder Studierende gesucht, die sich für Geflüchtete engagieren wollen.
Melde dich bei: offener-hoersaal@sub.unibe.ch.
Dieser Beitrag erschien in der bärner studizytig #7 März 2017
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